An Aus
40. Geburtstag der Beveridge LS bei Marcostat
in Private Hörsessions 11.12.2016 05:03von maldix • 3.656 Beiträge
Happy Birthday! – Eine Einladung zu einem besonderen Geburtstag
Hallo Zusammen,
vor ein paar Tagen bekam ich eine Einladung zu einem ganz besonderen Geburtstag in den Karlsruher Westen.
Unser Member Marcostat, den ich vor einiger Zeit zufällig bei einem musikalisch sehr guten Konzert mit Wolfgang Meyer und Peter Lehel (dazu hatte ich schon ein paar Sätze geschrieben) kennen lernen durfte, als er sich in seiner Funktion als Tontechniker sichtlich Mühe gab, in einem akustisch sehr schwierigen (unmöglichen) modernen Raum mit Beton, Glas, 2 Ebenen und ungünstiger Form, und einer eher bescheidenen PA Anlage den guten Ton einigermaßen in den Griff zu bekommen. In einem Gespräch in der Pause fanden wir dann schnell heraus, dass solche Verhältnisse ein „high-endiges“ Ohr doch erheblich stören können ;-). Seither ist er bei uns (leider sehr passiv) Member im Forum, wo er fleißig mitliest. Ansonsten tauschen wir uns aber doch ab und an per Mail aus.
Umso mehr freute ich mich nun über diese unerwartete „Geburtstagseinladung“ zum 40. Geburtstag seiner Beveridge Lautsprecher. (Mist auf eine solche Idee hätte ich mit meinen La Scala auch kommen können ;-)., …damt nicht kreativ genug)
Neben mir waren noch eine Handvoll high-end-ambitionierte Freunde, wie ich später erfahren sollte mit gigantischer Kompetenz in diesem Thema, ebenfalls zu diesem Ereignis eingeladen.
Axel Ridthaler, der auch unter den Gästen war, hatte noch zwei neue kleine Subwoofer Prototypen mit im Gepäck. Seine Lautsprecher hatten wir schon in Bonn in Verbindung mit Geräten der Hifi Akademie hören können. Des Weiteren hatte Dieter, der u.a. die Röhrenendstufen der Beveridge komplett überarbeitet hat, auch noch zwei Röhrenverstärker mitgebracht, die wir im Laufe des Abends an den Quad und kl. Sonus Faber hören konnten.
Gleich vorweg, der Abend sollte sich nicht nur musikalisch sondern auch kulinarisch zu einem echten Erlebnis entwickeln. Wie für einen „Geburtstag“ üblich gab es vorweg zur Begrüßung einen echt leckeren Geburtstagskuchen, während Marc und zum Einstieg mit ein paar Worten seine „Schätze“ erklärte. So wie man das bei einem echten Hifi-Fan erwarten kann (damit bin ich nun völlig raus ,-) ), hat er in fast jedem Raum eine high-endige Anlage zu stehen.
Zum heutigen Tag, hatte Marc seine Macintosh 240 und Macintosh 275 zu Gunsten von Dieters neuen Geräten auf dem Boden geparkt.
Dass Marc ein Fan des elektrostatischen Prinzips ist, war mir vorher schon bekannt. Bis auf die kleinen Sonus Faber und die Axels Subs, spielen nämlich alle Lautsprecher elektrostatisch. Vom Stax über die Quad ESL63 bis hin zu den Beveridge mit Ihren Subs, von denen es derzeit bei Ihm noch 2 Paar gibt ("Ersatzpaar" geht demnächst raus), ist lautsprechertechnisch alles elektrostatisch und alles in Allem auf Luft im Raum getrimmt.
Die Quad bekamen die Musik von einem Cocktailaudio x40, einem Gerät das alleine Aufgrund seiner Funktionalität schon einem Empfehlung ist, zugespielt. Im Raum 2 gab es CD über einen von Dieters Röhrenamp auf die Sonus Faber. Im Raum 3 dann auch CD über die Röhrenvorstufe von Beveridge auf die Beveridge Lautsprecher.
Die Setups waren mit einer Technik die sich schon über 40 Jahre bewährt hat alles andere als gewöhnlich.
Die Berveridges stammen aus dem Jahr 78 und kosteten damals ca. 24000 D-Mark, was damals schon wirklich viel Geld für ein paar Lautsprecher war. Im Vergleich dazu waren meine La Scala für gerade mal 10 000 D-Mark ein echtes Schnäppchen.
Die Beveridges sind geschlossene Elektrostaten mit einer akustischen Linse aus Pappe, die am besten in einem eher schmalen Raum gegenüber aufgestellt werden und dann mit einer 180° Zylinderwelle arbeiten. Der Sohn baut heute noch nach Plänen von seinem Vater, wobei er dazu alte Gehäuse aufkauft und nach Überarbeitung für über 80000$ verkauft, allerdings gestaltet sich die Kontaktaufnahme laut Marc recht schwierig.
Dass man über 44 Jahre mit einem High End Anspruch nicht unbedingt mit einem Lautsprecher leben kann, zumindest wenn man mit unterschiedlicher Musik glücklich werden möchte, ist vielleicht nachvollziehbar. Elektrostaten sind bei Rock oder Elektronischer Musik, bei der es eher auf Lautstärke und Druck ankommt, etwas ungeeignet. Dafür gibt es geeignetere Technologien. Deshalb hatte Marc auch viele Jahre ein paar Altec 19 für den Fall, dass es mal etwas mehr Dampf sein sollte.
Über die Frage: Wieviele Lautsprecher braucht der hifi-besessene Musikliebhaber oder welche Lautsprecher für welche Musik? wurde sich eine Weile recht angeregt unterhalten. Sicher waren sich alle, das es „den“ Lautsprecher, der alles perfekt kann, eigentlich nicht gibt.
Auf die Frage was Mark sich Alternativ vorstellen könnte, erfuhren wir, dass er in der kürzeren Vergangenheit in Stuttgart einen Linkwitz Lautsprecher 521 mit jeweils 4 Endstufen und Controller für gerade mal ca. 9000k Euro gehört, den er sich auch für sich vorstellen könnte. Seine Arbeitsgeräte am Regieplatz im Tonstudio, die ME Geithain Studio RL-944 K1 oder seine Genelec Monitore sind da wie Vergrößerungsgläser aber nichts für ihn zuhause zum Hören.
Elektrostaten Fans unter sich, diskutieren dann darüber: Was wäre wenn man Folien neu macht? Wie würde sich auswirken? Welchen Einfluss hat dabei die dicke einer Folie auf den Klang, bzw. was für einen Einfluss hat die Spannung auf Wiedergabe und Frequenzen? Usw.
Die Quad ESL63 die wir in der ersten Session hörten hatten jedenfalls noch die 38 Jahre alten originalen Folien.
Musikalisch hatte Marc zum Einstieg ein paar Aufnahmen von Erik Truffaz vorbereitet.
Wir hörten die Titel Sasir und Nina Valeria von der CD Mantis (eine echte Empfehlung).
Mit einem sehr offenen Klang nahmen die Quad, die durch die Rithaler Subs unterstützt wurden, die Hörer sofort mit. Wie für Elektrostaten üblich war die Musik sehr räumlich und direkt, und aufgrund der großen Paneele auch mit einem recht goßen Sweetspot. Der Bass war klar, straff und gut konturiert. Lediglich die Aufstellung und der Übergangsfrequenzen benötigen aus meiner Sicht noch etwas Feinabstimmarbeit.
Die räumliche Darstellung war aber schon sehr präzise. Fantastisch harmonisiert der tunesische Oud-Spieler Anouar Brahem mit dem warmen Ansatz der gefühlvoll von Eric Truffaz gespielten Trompete. Kein Ton zu viel, vielmehr die richtigen Töne zur richtigen Zeit. Einfach geil.
Nachfolgend gab es mit Yun Sun Nah und Song of no Regrets ein mir bestens bekanntes Stück auf die Lauscher. Ihre Stimme entfaltet sich in einem holographisch wirkenden Raum, bei dem sich die Bühne ohne Einschränkungen aufbaut. Die Geige erstrahlt in einer natürlich schönen Färbung. Der Bogenstrich ist klar erkennbar wenn er über die Saiten des Cello streicht. Die sauber gespielten Pizzicato sind präzise beim Anzupfen und schwingen ohne Anstrengung aus. Es ist schon erstaunlich wie sauber der Cocktail x40 hier im Zusammenspiel mit Dieters Röhre arbeitet.
Der Wechsel in den kleineren Raum 2 und auf die kompakten Sonus Faber die im direkten Vergleich an dem 2. Amp von Dieter eine deutlich wärmere Färbung innehatten. Wie bei kompakten Lautsprechern üblich ist der Bass in der Tiefe recht begrenzt, je nach Musik ist dies aber kein Nachteil. Der Raum und die Tiefenstaffelung der Bühne ist deutlich flacher als bei den Quad. So kommt die Stimme von Yun Sun Nah verhaltener und in engeren Grenzen. Was die Tonalität angeht, gab es allerdings keinen Grund der Klage. Die kleinen Sonus Faber ich glaube es waren die Minima Vintage machten allerdings ihre Arbeit recht gut, hauptsächlich in der räumlichen Darstellung und in der luftigen Offenheit unterschieden sie sich von den Quad. Auf fehlte Ihnen die Tiefe der Rithaler Subs.
Nach dieser Vorbereitung erfolgte nun der letzte Wechsel zu den Berveridges im Raum 3. Die Raumabmessungen (ich schätze mal, ca. 3,5m Breite 7,5m Länge und einer Höhe von 2,5m) ähneln etwas Toms Wohnzimmer. Wobei die Lautsprecher etwas außerhalb der Mitte im Raum visavis gegenüber aufgestellt sind. Die Hörposition etwas außerhalb der Mitte zwischen den Beveridge Lautsprechern und den Subwoofern war für mich erstmal etwas ungewöhnlich für eine Hörsession.
Die Röhren-Endstufen die normalerweise sich unter den Beveridges befinden wurden komplett überarbeitet und mit neuen Lüftern oben aufgesetzt. Ansonsten bestand die Kette aus der zugehörigen Beveridge Vorstufe und einem CD Player.
Was aber aus den Lautsprechern an Musik herauskam, hat mich mehr als Beeindruckt.
Eine Raumempfinden, dass ich so vorher noch nicht erlebt habe um gab mich. Baden in der Musik trifft es vielleicht am besten. Selbst bei sehr guten Anlagen mit Lautsprecher in klassicher Stereodreieckaufstellung baut sich die Bühne mehr oder weniger vor einem auf. Vergleichbar vielleicht mit der Sitzposition in den vorderen Reihen im Konzert. Hier hatte ich mehr das Gefühl wie der Dirigent im Zentrum vor dem Orchester zu stehen. Die Musik und der Raum erschlossen sich um mich heraum. Vor einiger Zeit hatte ich das Vergnügen bei unserem Member spectralML zu hören. Damals hatte ich schon den Vergleich Hören innerhalb eines Stax-Kopfhörer herangezogen. Was nun die Räumlichkeit und Abbildung angeht, war das bei Marc nun für mich eine echte Steigerung.
Das war auch eine ganz andere Welt als die kurz vorher gehörte Quad Kombination.
Zu den bereits vorher gehörten Musikstücken kamen nun noch ein paar dazu.
Die "Rain drops on roses” und “Schnitzel and Noddels” in My Favorite Things von Kelly Clarkson kann man fast greifen. Das nennt man wohl holographische Abbildung. Die Präzision und Schnelligkeit mit der die Elektrostaten arbeiten ist einfach irre.
Einen großen Anteil an der Räumlichkeit hat die aktustische Linse. Dieser aus Pappe bestehende Vorsatz ist mit verantwortlich wie sich Schallausbreitung gestaltet.
Bei den Stücken von Eric Truffaz hat der Bass in der Tiefe nun deutlich mehr Kontur. Die Präsens der Trompete hat sich nun auch verändert. Man kann genau hören wie sich Eric beim Spielen mit dem Kopf bewegt.
Bei einer Aufnahme von einem Bösendorfer Flügel Percussion, die im Substage in Karlsruhe aufgenommen wurde, kann man die wärmere Färbung diese Flügels im Vergleich zu einem Steinway gut hören. Die Hammeranschläge kommen exakt und präzise auf den Punkt. Bei der zart mit den Fingern gespielten Trommel hört man genau wie die Finger im Kontrast zu den Piano-Hammeranschlägen, breiter und mit mehr Fläche auf dem Trommelfell aufschlagen.
In einer weiteren Aufnahme, präsentierte uns Mark eine interessante Konstellation aus Knopf-Akkordeon, das von einem 82 Jährigen gespielt wurde, Bass, Percussion und Vibraphon.
Beim Knopf-Akkordeon konnte man schön das Arbeiten der Mechanik hören. Die Klänge des Vibraphon füllten den Raum unabhängig von der Sitzposition. Selbst wenn man sich bewegte blieben die Instrumente genau an ihrer Stelle. Auch hier steht die Dauer der Fingeranschläge auf den Trommeln im Kontrast zu den kurzen Vibraphon Hammerschlägen. Im direkten Vergleich dazu spielt dann ein sanfter Kontrabass antiphon im Dialog mit dem Akkordeon. Gänsehaut pur. Einfach schade, dass es manche Stücke nicht zu kaufen gibt.
Dass Marc sich als Genießer nicht nur mit Musik auskennt, merkten wir dann beim „kleinen“ Imbiss.
Perfekter Lachs mit einer genialen Pernodfarce an frischenTagliolini und einem fruchtigen Grauburgunder vom Weingut Winter, passend dazu das Klavier Konzert Nr.1 D moll BWV 1052 mit Murray Perahia und der Academy of St. Martin-in-the-Fields.
Da wurden alle Sinne gefordert. Nach dieser Pause verteilten sich die Anwesenden in den Räumen. Zu meinem Glück hatten einige mehr Interesse an Technik, so dass ich mich auf einmal alleine im Raum 3 befand und meine mitgebrachten Teststücke hören konnte. Der Raum funktioniert mit diesen Lautsprechern auch ohne besondere akustische Bearbeitung, vielleicht weil die Aufstellung der Lautsprecher so ist wie sie ist?
Musik hören ohne an die Technik zu denken. Natürliche Instrumente und Stimmen einfach so im Raum spielerisch leicht, das hat einen echt hohen Anmachfaktor. Es dauerte aber nicht allzu lange, bis Marc sich dazu gesellte und wir auf dem Boden zwischen den Lautsprecher saßen und Musik hörten. Mal von den Westdrift-Teststücken mal eine Aufnahme von Marc.
So gab es auch einen Aufnahme aus der Hemingway Lounge, einer kleinen Jazz-Kneipe in der Karlsruher Weststadt die Marc selbst aufgenommen hatte. Eine Bluesharp in Kombination mit einer Bassklarinette, alleine die Musik war große Klasse, Gefühl ohne Ende, aufgenommen in einem mir bekannten Raum. Das was die Beveridges da abbildeten war schon sehr nah dran.
Dann hatte Marc noch mit "Lamenti" einer Aufnahme von, einer schwedische Mezzosopranistin aufgelegt. Die Stimme war fast greifbar vor mir und wurde regelrecht von der begleitenden Laute eingerahmt.
Die von Marc gemachten Live Aufnahmen gibt es leider nicht im Handel. Leider auch nicht die wunderbare Stimme von Daniela Vega einer jungen Sopranistin aus Sao Paolo, die bis vor kurzem in Karlsruhe studierte.
Mit der genialen Musik und der guten Unterhaltung mit Marc, sitzend zwischen den Beveridges verlief die Zeit beim Hören wie im Flug. So schön auch ein „Sitt In“ war, passend zu diesen Lautsprechern wäre ein Liegesessel a la Stressless.
Bei allem Lob und Begeisterung das ich für diese klangliche Kette hege, bei Stücken bei denen es rockiger zu geht, wie z.B. bei Finks „Sort of Revolution“ oder bei noch rockigeren Stücken fehlt dann doch der Punch und Druck den diese Musik benötigt. Nicht das man diese Genres nicht auch damit hören könnte aber das können andere Lautsprecher dann doch besser. Wobei wir wieder bei der Frage wären, wie viele Lautsprecher brauchen wir?
Auf diesem Weg nochmal Danke an Marc für die Einladung zu diesem tollen „Geburtstags-Abend“, die guten Gespräche und die Erfahrung diese genialen Lautsprecher hören zu können.
auditorus te salutant
RE: 40. Geburtstag der Beveridge LS bei Marcostat
in Private Hörsessions 11.12.2016 12:03von Franz (gelöscht)
Ein wunderbarer Bericht, herzlichen Dank dafür. Ich konnte die Beveridge System One in den Siebzioger Jahren mal hören. Das war eines der schönsten musikalischsten Hörerlebnisse in meinem Leben:
http://www.roger-russell.com/columns/columns.htm#beveridge
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