RE: Interview mit dem "MP3-Erfinder" Brandenburg
in Redbook oder Highres 30.08.2015 18:03von GHP • 5.177 Beiträge
Die durchschnittliche Hörgrenze von ca. 15/16kHz bei Erwachsenen ist durch abertausende internationale Messungen ziemlich gesichert und auch anatomisch gut erklärbar. Nicht umsonst übrigens beträgt die Bandbreite von FM Stereo 30Hz - 15kHz.
Die Nachrichtentechnik ist schon vor x Jahrzehnten zum Ergebnis gekommen, daß diese Bandbreite eigentlich ausreicht.
Bei Aufnahmen ohne Dolby, gerade mit CC, sollte das Rauschen eigentlich definitiv hörbar sein, da kaum ein Tapedeck "ohne" mehr als 60dB SNR schaffte. Mit Dolby C kam man dann auf recht ansehnliche 75 dB. Mit Dolby S auf gute 80dB, was unter Berücksichtigung des Granulateffektes des Quantisierungsfehlers bei Digitalaufnahmen schon in Richtung CD geht. Übrigens wurde durch Dolby C und S, dank der Anti-Saturation-Schaltung auch die Aussteuerbarkeit verbessert !
Natürlich muß für exakten Dolby-Betrieb - zuhause wie auch im Studio - exakt eingemessen werden. Etwas, was den Ruf von Dolby etwas angefressen hat, da die exakte Einmessung oftmals nicht gegeben war.
Ich habe mal eine Aufnahme des Paul Kuhn - Trios in New York gehört - und zwar eine Kopie der 1. Generation des original Master Tapes (sic!), abgehört auf einer 2"-Mastermaschine von Studer. Also genau das, wovon bei Analogaufnahmen der Lackfolienschnitt für Vinyl erfolgt und wovon auch die CD gemacht wird. Der Tonmeister meinte, diese Qualität sei gar nicht mehr auf LP pressbar.
Aber es hat gerauscht ! Warum ? Weil der Aufnahmeleiter kein Freund von Dolby war.
Natürlich war das Rauschen nur sehr schwach unter KH hörbar, aber es war existent. Mit Dolby SR hätte es sich ausgerauscht. Mit Dolby SR und 2"-Mastertape bei 76cm/s läßt sich ein SNR von ca 105dB erzielen. Dieser Wert entspricht - wieder unter Berücksichtigung des Granulateffektes - etwa dem SNR einer 20bit-Aufnahme !
Wer jetzt aber glaubt, die CC ginge nur bis, um den von dir angegebenen Wert zu verwenden, 12kHz, der irrt gewaltig. Gute Kassettendecks - nicht nur Nakamichi - gingen tatsächlich auch bis 20kHz - mit oder ohne Dolby. Nur das Rauschen war "ohne" eigentlich meistens ziemlich suboptimal.
Ein Leben ohne GENELEC ist zwar möglich, aber sinnlos.
nunmehriges Goldohr ! ;-)
RE: Interview mit dem "MP3-Erfinder" Brandenburg
in Redbook oder Highres 31.08.2015 15:00von Pale Blue Eyes • 852 Beiträge
Hallo @GHP,
das MP3-Format ist sicher vor 20 Jahren eine bahnbrechende Erfindung gewesen, weil der Speicherplatz knapp bzw. sehr teuer war. Dieses Problem hat sich aber heutzutage so gut wie erledigt und das MP3-Format ist eigentlich überflüssig geworden. Faktoren wie Verbreitung des Formats, Kompatibilität der Abspielgeräte und Preise für Musik-Downloads führen aber leider dazu, dass MP3 als Format noch eine starke Position einnimmt. Das ist schade, da man Daten und Musik immer im bestmöglicher Qualität speichern sollte, soweit es keine speicherbedingte Limitierungen gibt. Warum soll man ohne Not ein limitiertes Format nehmen ?
Ob das MP3-Format von lossless-Formaten unterschieden werden kann, ist umstritten. Und ich rede hier nicht von Abtastraten von 128 kbit/s sondern von mehr als 256 kbit/s. Bei einem privaten Hörtest konnte ich jeweils MP3 (320 kbit/s) FLAC und WAV vergleichen und das MP3-Format war trotzdem relativ deutlich herauszuhören. Alle Formate wurden mit dbpoweramp unter gleichen Bedingungen / mit identischer Hardware erzeugt, sodass ein Vergleich statthaft ist. An meinem Home-PC (mit angeschlossenen Stereo-LS) fallen die Unterschiede geringer aus. Nach Anschaffung eines Netzwerkspielers im Herbst, werde ich an meiner Hifi-Anlage weitere Vergleiche anstellen.
Dass Unterschiede in Blindtests nicht wahrgenommen werden, hängt leider oft an den miesen Testbedingungen und der dilettantischen Ausführung. Da spielt der sog. „Streßfaktor“ fast schon die geringere Rolle. Eine Reaktanz der Probanden auf die Versuchsanordnung ist allerdings in den empirischen Wissenschaften, vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Hawthorne-Effekt seit ca. 90 Jahren bekannt. Mir wäre es am liebsten, wenn manche Technik-Freaks nicht immer selbst am Testdesign rumschrauben, sondern Fachleute aus den empirischem Bereich fragen würden. Sich einen Blindtest selbst zu „stricken“ ist keine gute Idee. Freilich kann auch ein optimaler Blindtest „versagen“, wenn es um kleinere Unterschiede geht. Das liegt in der Natur der Sache. Da ist es egal, ob es sich um Verstärker, CD-Spieler, Kabel, handelt und das Problem ist auch nicht auf den Bereich HIFI, Akustik beschränkt. Ich bin mir sicher, dass die meisten Menschen im Blindtest nicht mal ähnlich klingende Lautsprecher zweifelsfrei am Klang auseinanderhalten können. Was dann ?
Auch einige andere Aussagen in dem Interview halte ich für gewagt:
„Frage: „Offenbar ist das Bedürfnis bei vielen Menschen aber da, Musik auch im digitalen Zeitalter in bestmöglicher Qualität zu hören – das zeigt ja auch, dass Pono das dritterfolgreichste Kickstarter-Projekt aller Zeiten wurde.
Antwort: Da hab ich sehr viel Sympathie dafür und wenn aus dieser Begeisterung im Gehirn ein besserer Genuss der Musik entsteht, warum nicht? Wissenschaftlich und technisch gesehen, macht es allerdings keinen Sinn.“
„Frage: Neben dem Lossless-Format FLAC propagiert Neil Young auch Hi-res-Audio mit 192 kHz und 24 bit, was auch die Qualität von herkömmlichen CDs (44,1 kHz, 16 bit) übertreffen soll. Wie berurteilen Sie die auch in der Fachwelt emotional geführte Diskussion?
Antwort: Das ist seit langem ein Glaubenskrieg. Es gibt gute Gründe, warum das bei der Aufnahme im Studio Sinn macht, einfach auch um Spielraum bei der Weiterverarbeitung, etwa als Aussteuerungsreserve, zu haben. Fakt ist aber auch, eine Wiedergabe mit 44,1 oder 48 kHz und 16 bit ist so nahe an der theoretischen Grenze der Hörfähigkeiten des Menschen, dass der zusätzliche Aufwand eigentlich nicht notwendig ist.“
Dass das normale CD-Format oft ausreicht, weil die Aufnahmen v.a. im Pop- / Rockbereich bescheiden sind, kann nicht bestritten werden. Aber ist es nicht Aufgabe der Technik optimale Rahmenbedingungen zu schaffen ? Darf man vorab davon ausgehen, dass die meisten Aufnahmen verhunzt werden und die Rahmenbedingungen dementsprechend beschränken ?
Mein Fazit: MP3 ist mittlerweile überholt. Und im Gegensatz zum veralteten LP-Format gibt es hier keine „emotionale Aspekte“, die eine Nutzung befürworten würde. Mir freilich ist auch das LP-Format wurscht, weil ich über die Störgeräusche nicht hinweghören kann und weil mich das Handling fürchterlich nervt. Ich denke, dass die Analogfans es „gelernt“ haben, das Knacksen und Knistern nicht mehr (so stark) wahrzunehmen. Die Gruppe der „Digitalfans“ hingegen kann nicht über die Störgeräusche hinweghören und findet keinen Zugang zur LP.
Mit freundlichen Grüßen
PBE
RE: Interview mit dem "MP3-Erfinder" Brandenburg
in Redbook oder Highres 31.08.2015 20:11von antwerp (gelöscht)
Nun PBE,
ich bin kein ausgesprochener Analogfan, aber wer so gegen die LP argumentiert hat noch nie einen wirklich guten Plattenspieler sein eigen genannt und den Hochton seiner Anlage permanent über betont. Das ist meine Überzeugung.
Ein wirklich guter Plattenspieler - ich spreche hier nicht von Dual oder Artgenossen, bietet ein absolut vergleichbaren Klang zu einer Digitalquelle. Man muss nur eins betonen, um einen vergleichbaren analogen Klang zu erreichen, ist in der Regel ein wesentlich größerer Aufwand erforderlich. Also wird ein gutes analoges Laufwerk mit Tonarm und Tonabnehmersystem immer ein mehrfaches eines CD Players oder Netzwerkspielers kosten. Letzten Endes, das ist meine Überzeugung, ist analog und digital, wenn bis auf die Spitze getrieben absolut gleichwertig, aber der analoge Aufwand wesentlich höher.
Vergessen habe ich noch, dass das Medium Schallplatte eben weil es analog ist, sehr empfindlich ist - es gibt Leute, die es nur mit Glacéhandschuhen anfassen. Also der Umgang mit einer LP ist wichtig für die Erhaltung der Qualität und Vermeidung des allzeit angeführten Knackens. Ich bin kein Freund des Waschens einer LP, halte es sogar für falsch. Stattdessen sollte man entsprechend mit ihr umgehen und jeglichen Schmutz soweit wie möglich vermeiden.
Gruß antwerp
RE: Interview mit dem "MP3-Erfinder" Brandenburg
in Redbook oder Highres 31.08.2015 21:57von aurumer • 181 Beiträge
Bei den rein technischen Aspekten und Messwerten sieht es praktisch ziemlich tragisch aus für die Schallplatte und selbst MP3 ist haushoch überlegen.
Wir reden hier üblicherweise mit einem ordentlichen System von 40 - 60 dB Dynamik, Klirr in der Größenordnung von bis zu 20% und einem Frequenzgang der nur in einem Bereich zwischen ca. 1 kHz und 16 kHz halbwegs linear ist. Dazu Störgeräusche, die deutlich im hörbaren Bereich des Musiksignals liegen, wie knacken und rauschen.
Erstaunlicherweise reicht das und Schallplatte kann sich mit der richtigen Ausrüstung durchaus sehr gut bis fantastisch anhören.
Aber es ist schon erstaunlich, dass MP3 aufgrund seiner technischen Eigenschaften geächtet wird, während die Schallplatte mit all ihren Unzulänglichkeiten dann von ihren Fans als das Maß der Dinge hingestellt wird.
Als Fazit muss man wohl psychoakustisch feststellen, dass das bisschen was die Schallplatte kann, für die meisten Hörer ausreicht, um den Eindruck einer sehr guten Reproduktion zu erfüllen.
Umso erstaunlicher, dass wir dann - glauben? - bei technisch deutlich perfekteren Geräten wie Streamern oder Transistor-Verstärkern deutliche Unterschiede zu hören.
Ich für meine Teil versuche mir da eine gesunde Skepsis zu erhalten, höre trotzdem Unterschiede und erfreue mich einfach an technisch hochwertigen Geräten, die mir das Gefühl geben, alles erforderliche für eine saubere Wiedergabe getan zu haben. Und auch ich höre gerne mal die eine oder andere Schallplatte zwischendurch und kann das durchaus genießen.
RE: Interview mit dem "MP3-Erfinder" Brandenburg
in Redbook oder Highres 31.08.2015 22:08von GHP • 5.177 Beiträge
Haptik und Prozedere des Auflegens, der Wiedergabe des Mediums und deren Beobachtung, verbunden mit immensem betreibbarem Aufwand (und genau darum scheint es bei Premiu-HiFi ja oftmals zu gehen !), spielen bei Vinyl eine gewaltige Rolle.
Die physikalischen Imperfektionen der Vinylwiedergabe, die schon beim Lackfolienschnitt beginnen, tun ein Übriges.
Daß Vinyl hervorragend klingen kann stimmt selbstverständlich.
In der Digitaltechnik ist aber der Aufwand dafür viel geringer.
... was manchem HiFi-Aficionado gar nicht recht ist.
Ein Leben ohne GENELEC ist zwar möglich, aber sinnlos.
nunmehriges Goldohr ! ;-)
RE: Interview mit dem "MP3-Erfinder" Brandenburg
in Redbook oder Highres 31.08.2015 22:46von antwerp (gelöscht)
Ich persönlich, wenn wir wirklich von Unzulänglichkeiten sprechen, würde für keins der beiden eine absolute Lanze brechen.
Letzten Endes würde das Machen, die Probleme sowie Tricks einer Aufnahme für beide Medien für manche Leute hier ein unglaubliches Erwachen bedeuten, wenn man ihnen die Realität vor Augen hielte.
Trotzdem gebe ich zu, ist es ein schönes Hobby, das mich immer wieder in den Bann zieht und auf das ich nicht verzichten möchte. Ich persönlich genieße und schätze den Klang von beiden Medien und möchte weder meinen Plattenspieler noch meinen Netzwerkplayer missen.
Ich ergreife keine Partei für einen der beiden und vergleiche sie im Grunde nicht, weil sie eigentlich nicht vergleichbar sind, auch wenn das ständig von den Magazinen gemacht wird, wahrscheinlich weil es die große Masse einfach so will.
Ein schönes Laufwerk mit Tonarm (Beispiel das schweizer Thales mit Tangentialtonarm ) klingt einfach super. Der Linn Klimax DS an entsprechender Elektronik klingt ebenfalls super. Das nur nebenbei.
Gruß antwerp
RE: Interview mit dem "MP3-Erfinder" Brandenburg
in Redbook oder Highres 01.09.2015 09:03von Pale Blue Eyes • 852 Beiträge
Hallo @antwerp,
Zitat von antwerp im Beitrag #13
ich bin kein ausgesprochener Analogfan, aber wer so gegen die LP argumentiert hat noch nie einen wirklich guten Plattenspieler sein eigen genannt und den Hochton seiner Anlage permanent über betont. Das ist meine Überzeugung.
runtergemacht habe ich das LP-Format eigentlich nicht, oder ? Ich habe nur beobachtet, dass engagierte LP-Hörer auch andere Gründe haben, LP zu hören. Vielleicht weil sie mit der LP groß geworden sind oder weil sie die Haptik mögen oder die großen Cover, etc. Zudem scheinen sie Störgeräusche besser ausblenden zu können. Überzeugte Digitalfans hingegen stört das Knacksen und Knistern (das sich auch bei sorgfältiger Behandlung nur abmildern lässt), sie präferieren Klarheit und Dynamik.
Recht hast du mit der Aussage, dass ich noch keinen wirklich guten Plattenspieler in meiner Anlage hatte, ich bin seit ca. 30 Jahren mit CD-Spieler ausgestattet. Ich habe mich damals bewusst zum Umstieg entschieden, da ich nicht eine Sammlung von LP’s aufbauen wollte um dann erkennen zu müssen, dass ich mir alles nochmal kaufen darf. Unrecht hast du allerdings mit deiner Annahme, dass der Hochton in meiner Anlage überbetont ist. Allerdings musste ich bei CD-Spieler und Kabel schon etwas suchen, bis es passte. Digital klingt heute (grundsätzlich) nicht mehr überanalytisch.
Mit freundlichen Grüßen
PBE
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