Hallo Zusammen,
Gerade lese ich, dass der WDR die Zusammenheit mit Roger Waters (74) für das am 11. Juni 2018 in der Kölner Lanxess-Arena stattfindende Konzert auf Grund seiner Anit-Israelitischen Haltung, aufkündigt.
Der Intendant Tom Buhrow folgte damit einer Pedition von Malca Goldstein-Wolf, die darauf hinwies, dass der WDR mit Gebührengeldern einen „Judenhasser“ unterstützen würde.
Mir persönlich war das so nicht bekannt? Verfolgt jemand von Euch dieses Thema?
Ich bin nun im Zwiespalt. Ich mag die Musik, die Roger Waters macht, möchte aber eine Anti-semitische Haltung nicht tolerieren.
Wie steht ihr zu einem solchen, aus meiner Sicht schon sehr heiklem Thema „Anti-Semitismus in der Musik“?
Oder darf / soll man dieses nicht in einem Forum ansprechen?
auditorus te salutant
Das ist ein echt heißes Eisen !
Antisemitismus, und was als solcher interpretiert wird, hat in DE eine extreme
Bedeutung. Die geschichtlichen Gründe dafür sind bekannt. Allerdings scheinen es mir Viele bei uns diesbezüglich etwas zu übertreiben. Auch Mel Gibson hatte schon vor Jahren für einen Skandal mit seinen Äußerungen in Hollywood gesorgt. Seine Aussagen waren und sind umso gefährlicher für ihn, als daß seit 100 Jahren jeder 1.9te Hollywood Producer Jude ist !
Man sollte auf jeden Fall Kritik am politischen Handeln Israels nicht per se mit Antisemitismus gleichsetzen !!! Man muß die Handlungen von Politikern kritisieren dürfen, ohne als Feind des ganzen Volkes dazustehen. Dies gilt auch bei einem so außergewöhnlichen Staat wie Israel.
Das hier ist wie die Frage, ob man Werke von Künstlern, die in der Sexismus/Me too - Debatte in den Fokus geraten sind, noch konsumieren darf. Darf man nun tatsächlich keine Weinstein-Produktionen und Filme mit Kevin Spacey mehr sehen ? Ist Kevin Spacey ein schlechterer Schauspieler aufgrund seines Fehlverhaltens ? Seine Karriere ist auf jeden Fall vollkommen zerstört !
Es hat immer wieder Musiker und Filmstars gegeben, und wird sie weiter geben, die kontroverse Äußerungen von sich geben und als Unterstützer umstrittener Handlungen, Volksgruppen, politischer Organisationen etc. auftreten. Man sollte imho GENAU DIFFERENZIEREN was jemand bei welcher Gelegenheit sagt und tut und keine Vorverurteilung vornehmen. Letzteres ist leider aufgrund von seuchenartig verbreiteter Political Correctness ungeheuer in Mode gekommen.
Letztendlich muß jeder für sich entscheiden, welche Handlungen und Aussagen eines Künstlers für ihn noch tolerabel sind. Solange Roger Waters nur das politische Handeln Israels kritisiert und Verständnis für die Lage der Palestinenser hat, ist das für mich überhaupt kein Problem.
Die Reaktionen, denen man bei uns oftmals begegnet aber sind es schon !
Ein Leben ohne GENELEC ist zwar möglich, aber sinnlos.
nunmehriges Goldohr ! ;-)
RE: Roger Waters im Fokus
in Neuigkeiten & Smalltalk 28.11.2017 15:18von Pale Blue Eyes • 847 Beiträge
Hallo,
kann man eigentlich noch irgendetwas sagen, das nicht antisemitisch, rassistisch, sexistisch, islamophob, homophob, reaktionär, faschistisch, trotzkistisch, abweichlerisch, konterrevolutionär, religionsfeindlich, etc. ist ? Fakt ist doch: Es wird aus ideologischen Gründen immer mehr die Meinungsfreiheit durch irgendwelche vorgeschobenen moralischen Werte unterdrückt aber die dahinterstehende Intention ist eine ganz andere: Tatsächlich sind und waren viele Menschen oder Gruppierungen schlicht und ergreifend nicht willens, Kritik zu dulden. Frei ist nur die eigene richtige (korrekte) Meinung, die Meinung anderer ist immer falsch. Aber wer gegen wesentliche Grundrechte wie Meinungs- und Informationsfreiheit operiert und den Menschen Denkverbote auferlegt, dem fehlt schon die demokratische Gesinnung. Damit das nicht so auffällt, agiert man gerne aus der Position der moralischen Überlegenheit.
Die o.g. Grundrechte gelten zwar nicht uneingeschränkt, aber es müssen schon sehr gewichtige Gründe vorliegen, damit man sie einschränken kann. Im vorliegenden Fall würde ich Roger Waters nicht Recht geben, wenn er zum Boykott von Israel aufruft, aber es ist seine Meinung, die er behalten darf, solange er nicht gegen übergeordnete Rechtsprinzipen verstößt. Die Vorgehensweise in diesem Fall (Petition an WDR mit dem Ziel der Beeinflussung) ist mehr als ungeschickt, weil man im Endeffekt genau das Gegenteil erreicht.
Ähnliche Probleme haben wir ja auch in der HIFI-Branche, freilich mit weniger weitreichenden Konsequenzen. Produkte dürfen nicht negativ beurteilt werden, Schwächen werden unter den Teppich gekehrt, es gibt nur noch positive Eigenschaften. Viele Tests haben einen Informationsgehalt der bei nahezu Null liegt und dementsprechend ist auch ihr monetärer Wert einzustufen. Mit anderen Worten: Kritikunfähigkeit, fehlende Differenzierung, "Totschweigen" ziehen sich schon komplett durch unsere Gesellschaft und sind auch in relativ unwichtigen Bereichen anzutreffen.
Mit freundlichen Grüßen
PBE
RE: Roger Waters im Fokus
in Neuigkeiten & Smalltalk 28.11.2017 19:30von Simplon • 1.827 Beiträge
PBE,
ich empfinde deinen Beitrag als ungenaues Jammern in einem Gebiet, dass unbedingt sehr, sehr sorgfältig diskutiert und behandelt werden muss. Letztes Endes geht es um Fragen wie die Menschenrechte oder das Grundgesetzt und die moderne und offene Gesellschaft, in der wir nach Jahrhunderten der Aufklärung friedlich leben dürfen. Und ich möchte es nicht in einem HiFi Forum sehen und ich bin mir ganz sicher, dass ich das nicht mit Roger Waters diskutieren möchte. Dafür gibt es viele politische Foren.
Simplon
Gruß Simplon
It don´t mean a thing if it ain´t got that swing (Duke Ellington, lyrics: Erving Mills, 1931)
RE: Roger Waters im Fokus
in Neuigkeiten & Smalltalk 28.11.2017 22:19von maldix • 3.648 Beiträge
Hi Zusammen,
Es war für mich nicht einfach dieses Thema anzusprechen. Wohl wissend welches schwere Erbe auf uns aus unserer Vergangenheit liegt und das mich immer sehr betroffen und traurig macht, sind es aber immer wieder genau diese Fragen, wo darf man reden und wo sollte man schweigen?
Ich finde es kein ungenaues Jammern, mehr denn ein sehr vorsichtiges und Ansprechen der Tatsache, dass es auch Grundrechte nicht jedem alle Freiheiten geben und dass es auch immer eine Frage des Standpunktes/Auslegung ist, welche Sicht gerade als opportun gilt.
Auch ich möchte nicht mit Roger Waters über seine politische Gesinnung diskutieren, da ich mir durchaus vorstellen kann, das wir da auf keinen grünen Zweig kommen. Dies Art von Diskussion hatte ich auch nicht wirklich vor.
Doch die Frage die mir durch den Kopf geht, ist vielleicht auch nur durch dieses Ereignis ausgelöst.
Wie gehe ich damit um, wenn mir die Musik gefällt, jedoch die nicht Gesinnung des Musikers oder Komponisten?
Kunst, in verschiedenen Formen, war in allen Zeiten durchaus auch immer ein Mittel des Ausdrucks der Weltanschauung der Künster.
Nehmen wir mal unseren großen Komponisten Mozart, dessen Musik für uns (zumindest für viele) heute als genial gilt. Seine Musik wurde, da er den Freimaureren zugehörig war, lange Zeit nicht in den katholischen Kirchen gespielt. Dies hatte ich noch Ende des letzten Jahrhunderts am eigenen Leib spüren dürfen, als man mir nicht erlaubte Mozarts Ave Verum in der Kirche bei einer Hochzeit auf Wunsch der Braut, singen durfte. Auch schenke ich mir jetzt hier die sehr Kontroverse Diskussion mit dem damaligen Geistlichen, der mir Mozarts Weltanschaung vorwarf.
Für mich gab es weder im Text noch in der Musik irgendwelche Anzeichen, die diese Aussage stützten. Hätte ich etwas aus der Zauberflöte gesungen, hätte ich zumindest rudimentär noch einen Zusammenhang ziehen können.
Irgendwo, wenn ich mal in der Flughöhe noch etwas nach oben begebe, beschäftigt mich da auch die Frage, die ja PBE auch ansprach: Worüber darf man sich denn wie äußern?
Auch ich kenne die Regel für den Smaltalk, am besten Fußball, Politik und Religion nie.
Nun ja vielleicht ist ein Hifi-Forum nicht der geeignete Ort, sich über diese „Rand“-Aspekte von Musik/Kunst auszutauschen.
Ja Simplon, vielleicht war es nicht besonders klug von mir, dieses mich sehr beschäftigende Thema hier anzusprechen. Auch wenn ich, wie wahrscheinlich fast alle hier, nicht aktiv an diesem dieses unverzeihliche Unrecht unserer Geschichte beteiligt bin, so schäme ich mich auch heute noch für dieses Unheil, das unsere Vorfahren getan oder nicht verhindert haben.
auditorus te salutant
Ich finde schon, daß man durchaus kontroverse Themen mal ansprechen kann.
Zum Diskurs über Musik und Künstler gehört das eigentlich dazu.
Um in der Klassik zu bleiben ... hier ist Richard Wagner wohl DAS Paradebeispiel.
Daniel Barenboim, der dafür viele Anfeindungen erhalten hat, meinte einst, Wagner sei viel zu bedeutend, um ihn, speziell auch im Hinblick auf Wagner-Konzerte in Israel, auf Antisemitismus zu reduzieren oder gar zu ignorieren. Daß er dabei in Israel nicht gerade Jubel ausgelöst hat, war ihm schon klar. Er hat es aber dennoch gesagt und entsprechend gehandelt.
Ob Roger Waters mit Wagner verglichen werden kann, und ab wann ein Künstler gänzlich losgelöst von seiner ideologischen Haltung angesehen werden kann, oder gar muß (!), ist eine Frage, die ich nicht beantworten kann.
Ein Leben ohne GENELEC ist zwar möglich, aber sinnlos.
nunmehriges Goldohr ! ;-)
RE: Roger Waters im Fokus
in Neuigkeiten & Smalltalk 28.11.2017 23:28von Klipschfan • 836 Beiträge
Zitat von Simplon im Beitrag #7
PBE,
ich empfinde deinen Beitrag als ungenaues Jammern in einem Gebiet, dass unbedingt sehr, sehr sorgfältig diskutiert und behandelt werden muss. Letztes Endes geht es um Fragen wie die Menschenrechte oder das Grundgesetzt und die moderne und offene Gesellschaft, in der wir nach Jahrhunderten der Aufklärung friedlich leben dürfen. Und ich möchte es nicht in einem HiFi Forum sehen und ich bin mir ganz sicher, dass ich das nicht mit Roger Waters diskutieren möchte. Dafür gibt es viele politische Foren.
Simplon
Wenn es nur darum ginge einen x-beliebigen Vorgang auf seinen antisemitischen Gehalt zu
überprüfen, würde ich dir sofort recht geben, dass das in einem HiFi-Forum nichts zu suchen hat.
Hier geht es aber darum einen weltbekannten Musiker von einem Konzert abzuhalten, weil er
angeblich als Judenhasser bekannt sei. Tatsächlich sagt Waters aber glaubhaft, dass er nicht
die jüdische Religion und Kultur kritisiert, sondern die Politik des Staates Israel.
Und da sieht die Sache schon ganz anders aus. Und ich finde, dass man das durchaus in einem
HiFi Forum diskutieren kann. Geht es doch darum, einen Künstler nicht nach seiner Kunst
zu beurteilen, sondern nach seinen politischen (nicht moralischen!) Ansichten.
Ein Intendant eines öffentlich rechtlichen Senders zensiert also die Künstlerliste nach politischen Aussagen und bestimmt danach wer auftreten darf und wer nicht?
Ich finde, Maldix hat völlig zu recht auf diesen unglaublichen Vorgang hingewiesen.
Und die Kommentare von GHP und PBE sind nach meiner Meinung ausgewogen und angemessen
und finden meine volle Zustimmung.
Übrigens gibt es schon im Jahr 2013 einen offenen Brief von Roger Waters zu diesen
Vorwürfen. Kann ich zur Lektüre nur empfehlen.
offener Brief
Viele Grüße
Hermann
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