Montag Jazztag
Hi Zusammen,
Ich glaube langsam zu verstehen wie es manchen Damen ergeht, die gebannt und unschlüssig vor einem großen Kleiderschrank mit „nichts drin“ zum anziehen stehen.
Zumindest fällt es mir manchmal schwer zu entscheiden, was ich mir zum Montags Jazz hören auflegen möchte, wenn ich in meinen Plattenschrank schaue.
Natürlich muss die Musik immer zu meiner Stimmung des Abends passen, wobei das für mich meistens nicht das einzige Kriterium bei der Auswahl ist. Ich möchte schließlich nicht ständig das Gleiche oder gar das Selbe hören, geschweige darüber auch noch etwas schreiben.
Heute habe ich mir das live Album aus dem Jahr 2017 des Michael Wollny Trio und Emile Parisiene, welches live im Rittersaal der Wartburg aufgenommen wurde aufgelegt und das bereits ein paar Tage noch „jungfräulich“ versiegelt hier wartend rum stand.
Die Künstler kenne ich bereits von tollen Live Auftritten und anschließenden Gesprächen bei diversen Jazztagen, sowie einigen hervorragenden Aufnahmen aus meiner Sammlung.
Zu Michael Wollny und dem fantastischen Album „Mondenkind“ hatte ich vor ein paar Tagen bereits ein paar Worte geschrieben, manche erinnern sich vielleicht.
Das Album Wartburg wurde als Live Aufnahme die Rittersaal der Wartburg anlässlich des 25. Jubiläums des Münchner Jazzlabels ACT mitgeschnitten.
Eigentlich müsste ich der Vollständigkeit halber auch noch das eine Woche vorher in Norwegen aufgenommene Studioalbum Oslo anhören, da beide Alben angeblich in einem engen Zusammenhang stehen. Im Augenblick lege ich meinen Fokus jedoch erstmal nur auf die Live Aufnahme.
Die beiden Seiten des Wartburg Albums unterscheiden sich musikalisch recht deutlich. Auf der A-Seite präsentiert sich Michael Wollny mit seinem Trio und auf der B-Seite erweitert Emile Parisiene bei vier Titeln das Trio und verleiht der Musik einen anderen Anstrich.
Den französischen Saxophonisten hatte ich zum ersten Mal Live 2016 mit Vincent Peirani bei den St. Wendel Jazztagen in einem fantastischen Konzert hören dürfen. Mich hatte damals sofort begeistert, wie meisterhaft der Franzose mit seinem Saxophone umgehen kann, das ist einfach excellent. Sein sehr erfrischendes Spiel und seine flexible Art wie er sich mit seinen Spielpartnern ergänzt ist auch auf diesem Album sehr gut zu hören. Musikalisch ist das Album für mich erfreulich abwechslungsreich und alles andere als langweilig.
Mit etwas Recherche erfährt man, dass die Wartburg bis kurz vor dem Konzert noch für normale Besucher geöffnet war und das dadurch nur wenig Zeit für den Aufbau und den Soundcheck blieb. Anstelle einer üblichen Probe gab es nur eine kurze Abstimmung zum Soundcheck und man vertraute weiter auf die Professionalität und die Fähigkeiten bei der Improvisation der Künstler.
Ich finde, dass man diese Situation und zusätzliche Spannung als positives Moment wahrnehmen kann und dass nicht einfach ein Programm runtergespielt wurde.
Als Ergebnis ist ein im halfspeed lacquer disk cutting Verfahren in den Emil Berliner Studios Berlin erstelltes Album herausgekommen, das sich meiner Meinung nach klanglich als absolut „State of the Art“ bezeichnen darf.
Entsprechend meiner Ohren passt Musikalität und Klang in Bestform zusammen. Dieses ACT Album kann ich jedem Jazz und dem der es werden möchte uneingeschränkt empfehlen.