Youn Sun Nah- Immersion - 2019 - Warner Music
Montag - Jazz Tag
Mit diesem Gedanken hatte ich mir gestern das neue Album von Youn Sun Nah Immersion auf Grund von Tom’s Empfehlung auf den Plattenteller gelegt.
Als erstes fiel mir bei der Aufmachung des Albums auf, dass Youn Sun Nah das Label gewechselt hat und nicht mehr wie bislang bei ACT sondern bei Warner Music unter Vertrag ist. Bei genauerem Betrachten hätte ich mir neben ein paar mehr Infos zur Aufnahme, Text etc., für das edle Vinyl eine gepolsterte Innenhülle gewünscht. Ich will nun auch nicht päpstlicher als der Papst sein, kann ich auch schnell ändern, aber sowas wie auch ein mp3 Download Code, sollte auch bei Warner Music möglich sein.
Nach dem ich mit viel Begeisterung immer wieder gerne die letzten Alben von Youn Sun Nah höre, interessiert mich schon, wie sich der Wechsel des Labels und der damit verbundene Wechsel früheren Musiker, Ulf Wakenieus, Lars Danielsson oder Vincent Peirani auswirkt.
Die Coverrückseite gibt zumindest etwas Aufschluss über die Albumbesetzung. So finden sich neben Youn Sun Nah mit ihrem Kalimbaspiel, drei französische Musiker mit Elektro-Jazz Hintergrund wie der Multiinstrumentalist Clément Ducol, der Cellist und Schlagzeuger Pierre-Francois Dufour und Bassist Laurent Verney in ihrem Team wieder.
Wie ich mir weiter die aufgedruckte Trackliste etwas näher anschaue, fällt mir auf, dass auf dem Album neben der 6 Eigenompositionen sich sieben Cover Versionen befinden.
Nun lasse ich den Colibri auf dem Transrotor zum ersten mal durch die Rille gleiten und tauche ganz dem Album Titel entsprechend dieses Werk zum ersten mal ein und gleich danach noch ein zweites Mal mit dem Revox und dem Ortofon und lasse es auf mich wirken. Dabei stelle ich für mich fest, dass das Vinyl-Album gut gemacht ist und sich auch auf weniger high-endigen Systemen sehr gut hören lässt.
Gleich die ersten Töne von „In my Heard“ und auch vom zweiten Track „“The Wonder“ kommen unerwartet rockig und poppiger und direkter daher, als man dies vielleicht von Youn Sun Nah von den letzten Alben gewohnt ist. Ok die etwas andere Handschrift, im Ergebnis der Produktion und tonale Ausrichtung, ist wahrscheinlich Warner Music geschuldet. Grundsätzlich finde ich es erst mal nicht schlecht, schließlich muss man ja nicht immer das Gleiche machen. Es ist doch eigentlich auch toll, dass Youn Sun Nah, die mit Sicherheit über eine sehr unverkennbare und sehr ausdrucksstarke Stimme als Markenzeichen verfügt, mal anders zeigt welche Bandbreiten sie musikalisch und klanglich bedienen kann.
Mit dem dritten Titel, dem George Harrison Cover „Insn‘t it a Pitty“ zeigt Sie weiter die Wandlungsfähigkeit Ihrer Stimme und dass einen Titel eines anderen Künstlers zu covern nicht einfach nachsingen bedeutet. Sie verleiht Ihren Coversongs eine völlig eigenständige Note. Ist das nicht irgendwie auch Jazz, wenn auch mal anders als gewohnt. Zumindest zieht Youn Sun Nah dabei stimmlich alle Register, von verträumt bis hin zur Rockröhre. Klasse.
Da ich immer ergebnisoffen an neue Album gehe, finde ich die unterschiedlichen Interprätationen der Titel äußerst spannend.
Ich kann mir in diesem Fall aber durchaus vorstellen, das die Vielfalt und unterschiedliche Ausprägung der Titel manchen eher befremdet als mitnimmt.
Weiter könnte ich mir auch vorstellen, das die unter Euch, die auf eine ACT Signatur wie die auf den vorangegangenen Alben eingestellt sind, sich mit diesem Album, welches meiner Meinung nach, sowohl musikalisch als auch handwerklich durchaus gut gemacht ist, eher etwas schwerer tun.
Ein durchgängiger Stil und Genre ist für mich nicht zwingend erkennbar, vielmehr empfinde ich eher eine Durchgängigkeit in dem Ausprobieren von Diversität.
Für mich spannt sich bei diesem Album ein größerer Bogen über mehrere musikalische Welten. Welche Genre Youn Sun Nah nun letztlich bedienen möchte oder bedient hat, ist für mich , angesichts des Ergebnisses auch egal. Ich möchte hier auch nicht die Frage grundsätzlich erörtern ob es nun „Jazz“ ist oder nicht.
Youn Sun Nah macht auch bei ihren Bearbeitungen zumindest nicht vor großen Hits wie Phill Collins „You Can't Hurry Love“, Marvin Gayes „Mercy Mercy Me“ oder dem finalen Titel einer sehr eigenen Variante von Leo Cohens „Hallelujah“ halt.
Ihre Umsetzung der Coversongs ist jedoch so umfangreich arragniert, dass unterm Strich ganz eigene Songs daraus entstanden sind. Prägend für alle Tracks ist die schon fast minimalistisch anmutende Instrumentierung in Verbindung mit einer der sicherlich markantesten und wandlungsfähigsten Frauenstimmen im heutigen Jazz Kontext.
Mir persönlich gefällt das Album gut, kann mir aber gut auch konträre Meinungen vorstellenden, ähnlich wie zu dem zwölfjährigen Glenmorangie Nectar D‘or.
Hier noch einen Link zu einem Interview mit Youn Sun Nah zum Lesen.
https://negativewhite.com/hintergrund/interview-youn-sun-nah/